Im ländlichen Südosten Irlands schien die Zukunft düster: Böden waren ausgelaugt, lokale Gemeinschaften kämpften mit Abwanderung, und das wirtschaftliche Leben drohte zu erlahmen. Doch eine kleine Gruppe entschlossener Menschen begann, einen anderen Weg zu suchen. Sie brachten Landwirte, Unternehmer, Wissenschaftler und indigene Stimmen zusammen und schufen das Bioregional Weaving Lab. Gemeinsam entwickelten sie einen Plan, um Böden wieder fruchtbar zu machen, lokale Kreisläufe zu stärken und neue wirtschaftliche Impulse zu setzen. Heute ist die Region ein leuchtendes Beispiel dafür, wie bioregionale Ansätze Leben und Landschaften regenerieren können.
Was ist regenerativ?
Diese Erfolgsgeschichte illustriert eindrucksvoll, was es bedeutet, regenerative Prinzipien in die Praxis umzusetzen. Ein regeneratives Finanzsystem, das solche Initiativen unterstützt, geht weit über die Korrektur von Schwachstellen hinaus, die im aktuellen Finanzwesen allgegenwärtig sind. Es ist vielmehr eine Vision davon, wie menschliche Aktivitäten so gestaltet werden können, dass sie natürliche Systeme nicht nur schonen, sondern aktiv bereichern. Bill Reed beschreibt diesen Ansatz in seinem Konzept der Regeneration als einen Paradigmenwechsel: Statt lediglich „weniger schlecht“ zu sein, sollten menschliche Systeme – seien es Gebäude, Städte oder landwirtschaftliche Betriebe – so gestaltet werden, dass sie die Gesundheit ihrer Umgebung fördern und deren Entwicklung unterstützen.
Regenerativ bedeutet, dass wir in Mustern denken müssen, die nicht linear, sondern zyklisch und vernetzt sind, wie es in lebenden Systemen der Fall ist. Eine regenerative Landwirtschaft beispielsweise geht über die Reduzierung von Schadstoffen hinaus und baut Böden aktiv wieder auf, indem sie organische Substanz anreichert, die Biodiversität fördert und natürliche Wasserkreisläufe unterstützt. Hierbei stehen die Beziehungen zwischen den Elementen im Vordergrund: Böden, Pflanzen, Mikroorganismen und Menschen bilden ein Netzwerk, das gegenseitige Vorteile schafft.
Prinzipien eines regenerativen Finanzsystems
Ein regeneratives Finanzsystem muss auf ähnlichen Prinzipien basieren. John Fullerton betont in seinen Arbeiten, dass die heutige Finanzwelt auf ausbeutenden Mechanismen basiert, die Wachstum und Profit über das Gemeinwohl stellen. Er plädiert für eine Neuorientierung hin zu Prinzipien lebender Systeme, wie Vielfalt, Resilienz und systemischer Integrität. Diese Prinzipien fordern uns auf, langfristig und holistisch zu denken. Finanzsysteme sollten nicht nur kurzfristige Gewinne maximieren, sondern in Aktivitäten investieren, die gesellschaftlichen und ökologischen Nutzen stiften. Ein solches System würde beispielsweise nicht primär auf Renditen aus der Ausbeutung von Ressourcen setzen, sondern auf die Unterstützung von Projekten, die Gemeinschaften stärken, Ökosysteme wiederherstellen und gesellschaftliche Resilienz fördern.
Bioregional Financing Facilities als Finanzwerkzeuge der Regeneration
Dies kann eben über Bioregionale Financing Facilities geschehen, wie oben kurz vorgestellt. Diese Modelle stellen eine Infrastruktur bereit, die Finanzmittel gezielt in lokale Projekte lenkt, die zur Wiederherstellung ihrer jeweiligen Regionen beitragen.
Die Grafik stellt dar, wie das Bioregionale Finanzierung eng mit einer partizipativen Bioregionalen Entwicklungsstelle zusammen hängt und die eigentliche Projekte aus einer Vernetzung der Tätigkeiten entstehen.
Hierbei geht es nicht nur um die Bereitstellung von Kapital, sondern um die Dezentralisierung von Entscheidungsprozessen und die Einbindung der Gemeinschaft. In einer solchen Struktur können Gemeinden gemeinsam entscheiden, welche Projekte finanziert werden sollen, basierend auf den spezifischen Bedürfnissen und Potenzialen ihrer Region. Dies schafft nicht nur mehr Eigenverantwortung, sondern stärkt auch das Gemeinschaftsgefühl und die Bindung der Menschen an ihre Umgebung.
Der Erfolg eines solchen Systems hängt jedoch nicht allein von technischen oder finanziellen Innovationen ab, sondern von einem grundlegenden Wandel im Denken. Maja Göpel betont, dass wir einen „Mindshift“ benötigen, um von der Wachstumslogik und dem Paradigma des unbegrenzten Konsums abzurücken. Dieser Wandel erfordert, dass wir die planetaren Grenzen anerkennen und einen neuen Wert auf Beziehungen, Nachhaltigkeit und langfristiges Wohlergehen legen. Es ist eine Einladung, nicht nur unsere wirtschaftlichen, sondern auch unsere sozialen und kulturellen Prioritäten neu zu setzen.
Ein regeneratives Finanzsystem bietet nicht nur Lösungen für die drängenden ökologischen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit, sondern auch eine Vision für eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft. Es fordert uns auf, unsere Rolle in den globalen Systemen neu zu denken und aktiv an ihrer Heilung und Regeneration mitzuwirken. Es ist ein Aufruf zum Handeln, der sowohl Mut als auch Kreativität erfordert – doch die möglichen Belohnungen für die Menschheit und den Planeten sind unermesslich.
In der Diskussion um die wirksame Lösung für den Klimawandel wird BECCS (Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung) oft als zentrale Technologie angepriesen. Die Idee: CO₂ aus der Atmosphäre entziehen und gleichzeitig Energie produzieren. Klingt ideal, oder? Doch ist BECCS wirklich die ganzheitliche Lösung, die wir brauchen? Oder bekämpft sie nur die Symptome und schafft dabei neue Herausforderungen? Gibt es eine bessere, nachhaltigere Lösung zur CO2-Speicherung? Genau diese Frage wollen wir hier beleuchten.
Was ist BECCS und warum bleibt es umstritten?
BECCS kombiniert Biomasse – wie Holz oder Pflanzenabfälle – zur Energiegewinnung mit der Abscheidung und Speicherung des dabei freigesetzten CO₂. Die Theorie dahinter: Pflanzen entziehen beim Wachsen CO₂ aus der Atmosphäre, welches durch technologische Prozesse wieder eingefangen und gespeichert wird, um eine negative Kohlenstoffbilanz zu erzielen. Doch ist das wirklich die beste Lösung für den Klimawandel?
CO2-Speicherung durch BECCS: Welche Nebenwirkungen gibt es?
Auf den ersten Blick scheint BECCS eine vielversprechende Methode zur CO2-Speicherung zu sein. Doch bei näherer Betrachtung zeigen sich erhebliche Nebenwirkungen. Der Energieaufwand für die Kohlenstoffabscheidung ist enorm. In Österreich würde BECCS zwischen 10 % und 50 % des gesamten nationalen Energieverbrauchs ausmachen! Dazu kommt noch: um ausreichend Biomasse anzubauen, wären gigantische Landflächen notwendig – zwischen 500 Millionen und 6 Milliarden Hektar laut IPCC. Zum Vergleich: Die weltweit landwirtschaftlich genutzte Fläche beträgt etwa 1,5 Milliarden Hektar. 【ETC Group, 2017】
Darüber hinaus führt der verstärkte Biomasseanbau zu einem erhöhten Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und Herbiziden, was nicht nur die CO₂-Bilanz verschlechtert, sondern auch die Biodiversität bedroht und die Bodenqualität langfristig schädigt. In Ländern mit Atomenergie führt der Einsatz von BECCS zudem zu einer erhöhten Produktion von Atommüll, was neue Herausforderungen schafft. So könnte die vermeintliche Lösung zu einem neuen Problem werden.
Die Kumu-Präsentation veranschaulicht das Gesagte anschaulich und zeigt Schritt für Schritt die Dynamiken auf, um die Zusammenhänge noch klarer verständlich zu machen.
Permakultur: Eine regenerative Alternative zur CO2-Speicherung
Im Gegensatz zu BECCS bietet die Permakultur einen ganzheitlichen Ansatz zur CO₂-Speicherung. Statt auf technologische Eingriffe setzt Permakultur auf natürliche, regenerative Prinzipien, die CO₂ im Boden binden, lokale Kreisläufe stärken und fossile Brennstoffe minimieren. Mit Methoden wie Agroforstwirtschaft und wasserschonenden Techniken trägt sie dazu bei, die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme gegen klimatische Veränderungen zu erhöhen.
Permakultur-Lösungen bekämpfen nicht nur die Symptome des Klimawandels, sondern setzen an der Wurzel des Problems an. Während BECCS einen immensen Energie- und Landbedarf verursacht, bietet Permakultur eine nachhaltige Alternative zur CO2-Speicherung, die gleichzeitig Biodiversität fördert und lokale Gemeinschaften stärkt. Der systemische Vorteil liegt auf der Hand: Statt neue Probleme zu schaffen, regeneriert Permakultur die Umwelt auf natürliche Weise. 【Stoy et al., 2018】
Bioenergie – Teil der Lösung, aber mit Bedacht!
Das bedeutet jedoch nicht, dass Bioenergiegewinnung per se schlecht ist. Biomasse-Kraftwerke, wie ein Hackschnitzelwerk, das Holzabfälle sinnvoll zur Energieerzeugung nutzt, können ein wertvoller Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft sein und regional sinnvoll eingesetzt werden.
Der Knackpunkt liegt in der großflächigen Hoffnung auf BECCS, das mit erheblichem Energieaufwand CO₂ speichert. Diese Technologie wird als nicht zielführend angesehen, wenn es um nachhaltige, ganzheitliche Lösungen im Klimawandel geht.
Warum setzen wir nicht alle auf Permakultur?
Obwohl die Vorteile der Permakultur klar sind, ist sie vor allem im globalen Norden noch nicht weit verbreitet. Sie wird oft als arbeitsintensiv und in der Anfangsphase zeitaufwendig angesehen. Zudem erfordert der Übergang von konventioneller Landwirtschaft hin zu Permakultur tiefgreifende Umstellungen, die viele Betriebe abschrecken. Doch hier liegt die Chance für Changemaker und Social Entrepreneurs: Sie können zeigen, dass nachhaltige, lokale Kreisläufe nicht nur möglich, sondern auch profitabel sind.
Lehren für Regeneration Pioneers und Changemaker
Technologische Lösungen wie BECCS fokussieren sich oft nur auf einzelne Symptome und schaffen dabei neue Herausforderungen. Die wahre Lösung für den Klimawandel liegt in systemischen Ansätzen wie der Permakultur. Diese regenerativen Ansätze binden CO₂, stärken lokale Kreisläufe und machen die Ökosysteme widerstandsfähiger. Regenerative Organisationen können hier echte, nachhaltige Veränderungen vorantreiben und zeigen, dass langfristige, holistische Lösungen erfolgreicher sind als kurzfristige technische Fixes.
Bleib dran!
Es gibt noch so viel mehr zu erzählen – von weiteren innovativen Ansätzen zur CO₂-Speicherung bis hin zu den spannenden Geschichten hinter den regenerativen Systemen der Zukunft. Aber das heben wir uns für das nächste Mal auf. Bleib dran und lass uns gemeinsam die Zukunft gestalten – mit Lösungen, die sowohl dem Menschen als auch dem Planeten zugutekommen!
Wenn du noch mehr über einfache und wirkungsvolle Lösungen in komplexen Situationen wie Permakultur erfahren möchtest, dann melde dich jetzt unverbindlich für den Newsletter zum neuen Projekt: Regeneration Pioneersan und werde Teil einer Bewegung, die innovative Ansätze für eine nachhaltige Zukunft entwickelt. Erfahre, wie du aktiv zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen kannst – ganz praktisch und umsetzbar!
Quellen:
ETC Group, 2017. A civil society briefing on Geoengineering - Climate change, smoke and mirrors. Heinrich Böll Foundation.
Stoy, P. et al., 2018. Opportunities and Trade-offs among BECCS and the Food, Water, Energy, Biodiversity, and Social Systems Nexus at Regional Scales. BioScience, 2(68), pp. 100-111.
Zach, F., Kulterer, K. & Simader, G., 2022. Analyse von CCU-Technologien im Kontext konventioneller Energieeffizienz- und Klimaschutzmaßnahmen in Österreich, Wien: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK).
Wie nachhaltig kann ein Unternehmen alleine sein? Viele Unternehmen setzen sich heutzutage für Nachhaltigkeit ein, sei es durch den Einsatz erneuerbarer Energien, Recyclingprogramme oder die Reduzierung von Emissionen. Doch reicht das wirklich aus, um nachhaltig zu sein? Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, Nachhaltigkeit aus einer breiteren Perspektive zu betrachten.
Nachhaltigkeit ist kein Ziel, das man einmal erreicht und dann abhakt. Vielmehr ist es ein dynamischer Prozess, der ständige Anpassungen und Verbesserungen erfordert. Es geht es darum, die Art und Weise, wie wir Ressourcen nutzen, Investitionen tätigen und Technologien entwickeln, immer wieder neu auszurichten, um sowohl den Bedürfnissen der heutigen als auch der zukünftigen Generationen gerecht zu werden.
Schematische Darstellung der Musikindustrie und ihrer Einbettung in die gesamte Wirtschaft.
Ein gutes Beispiel, das verdeutlicht, wie komplex das Thema Nachhaltigkeit ist, findet sich in der Musikindustrie. Hier arbeiten verschiedene Akteure zusammen: Musiker, Agenten, Labels, Fans, Konzerthäuser und sogar globale Plattformen wie YouTube. Ein Konzerthaus kann zwar durch grüne Maßnahmen wie den Einsatz von Ökostrom nachhaltiger werden, doch die wahren Herausforderungen, wie die Reduzierung von Umweltauswirkungen durch Anreisen oder die Förderung von Diversität und das Ende von sexueller Diskriminierung erfordern die Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Ähnlich verhält es sich in der Sportwelt. In der NBA sorgt das Draft-System und das Gehaltslimit nicht nur für Chancengleichheit, sondern verbessert auch die Wettbewerbsfähigkeit der Liga insgesamt. Diese Art von nachhaltigen Lösungen kann nicht von einem Team alleine entwickelt werden; sie entsteht durch ein Zusammenspiel von Kooperation und Wettbewerb.
Auch für eine echte Kreislaufwirtschaft ist das Zusammenspiel vieler Akteure unerlässlich: von verschiedenen Produzenten über Verkaufsstellen bis hin zur Abfallwirtschaft und den Konsumenten. Die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft wird daher durch die gemeinsame Weiterentwicklung all dieser Akteure geprägt sein, wobei Pioniere der Regeneration als treibende Kräfte eine entscheidende Rolle spielen.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass wahre Nachhaltigkeit nur durch das gemeinschaftliche Handeln aller Beteiligten erreicht werden kann. Kann ein Unternehmen alleine nachhaltig sein? Nein, aber jeder einzelne Beitrag ist wichtig, und Pionierunternehmen sowie Organisationen können wertvolle Vorarbeit leisten. Doch erst das Zusammenspiel vieler schafft den Wandel. Unternehmen sollten daher nicht nur ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele verfolgen, sondern auch überlegen, wie sie im Zusammenspiel mit anderen Akteuren einen noch größeren Beitrag leisten können.
Als Manager oder Unternehmer haben Sie die Möglichkeit, einen Unterschied zu machen. Sehen Sie sich Ihr Unternehmen genau an: Wo stehen Sie in Sachen Nachhaltigkeit? Und welches Potenzial haben Sie, wirklich regenerative Ansätze zu verfolgen? Jetzt ist die Zeit, Ihre Strategie zu überdenken und aktiv zu werden – für eine nachhaltige Zukunft, die wir alle gemeinsam gestalten.
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In einer Welt, die zunehmend von Umweltproblemen und Ressourcenknappheit geprägt ist, steht eine nachhaltige Produktentwicklung in regenerativen Unternehmen vor neuen Herausforderungen. Olivia Lazard hat in ihrem TED-Talk sehr schön dargelegt, warum wahre Innovation nur eine sein kann, die neben den Bedürfnissen des Markets auch nachhaltig oder gar regenerativ ist.
Die Berücksichtigung der planetaren Grenzen, zu denen mitunter die "Novel Entities" gehören, spielt dabei eine zentrale Rolle. Im Hinblick auf die Novel Entities sind Unternehmen dazu angehalten, die Inhaltsstoffe ihrer Produkte kritisch hinterfragen und innovative, umweltfreundliche Alternativen entwickeln. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung ist die Sonnencreme Reef Relief, die nicht nur die Umwelt schützt, sondern auch den Weg für eine neue Ära in der Produktentwicklung ebnet.
Planetare Grenzen und Novel Entities: Eine Einführung
Die Idee der planetaren Grenzen wurde von einem internationalen Team von Wissenschaftlern entwickelt, um die ökologischen Belastungsgrenzen unseres Planeten zu definieren. Diese Grenzen markieren die sicheren Betriebsräume für menschliche Aktivitäten, innerhalb derer das Risiko schwerwiegender Umweltschäden minimiert wird. Werden diese Grenzen überschritten, drohen irreversible Veränderungen und Schäden an den natürlichen Systemen der Erde.
Eine dieser Grenzen bezieht sich auf die Einführung von sogenannten "Novel Entities" in die Umwelt. Dieser Begriff umfasst künstliche chemische Substanzen, Materialien oder Organismen, die in der Natur nicht vorkommen und die potenziell schädliche Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit haben können. Dazu gehören beispielsweise Mikroplastik, synthetische Chemikalien, Antibiotika und bestimmte Arten von Nanomaterialien.
Für Unternehmen, die Produkte entwickeln, bedeutet dies, dass die Inhaltsstoffe ihrer Produkte sorgfältig geprüft werden müssen, um sicherzustellen, dass sie keine schädlichen Novel Entities enthalten. Dies erfordert nicht nur technisches Know-how, sondern auch ein tiefes Verständnis für ökologische Zusammenhänge und eine klare Verpflichtung zur Nachhaltigkeit.
Produktentwicklung in regenerativen Unternehmen
Regenerative Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur darauf abzielen, ihre negativen Umweltauswirkungen zu minimieren, sondern aktiv zur Wiederherstellung und Verbesserung natürlicher Systeme und gesellschaftlicher Strukturen beitragen. Die Produktentwicklung in solchen Unternehmen geht über die bloße Einhaltung von Umweltstandards hinaus. Sie strebt danach, Produkte zu schaffen, die regenerativ wirken – das heißt, sie sollen die Umwelt nicht belasten, sondern sie im Idealfall verbessern.
Die Inhaltsstoffe spielen dabei eine entscheidende Rolle. Regenerative Unternehmen setzen auf natürliche, biologisch abbaubare oder wiederverwendbare Materialien, die im Einklang mit den planetaren Grenzen stehen. Wenn nicht erneuerbare Materialien verwendet werden, stellt ein kreislauffähiges Design sicher, dass diese am Produktlebensende zu 100 % in neuer Produkte verwandelt werden können. Regenerative Unternehmen legen zudem großen Wert darauf, dass keine Novel Entities in die Umwelt gelangen, die langfristig Schäden verursachen könnten.
Reef Relief: Ein gelungenes Beispiel regenerativer Produktentwicklung
Ein herausragendes Beispiel für ein regeneratives Produkt ist die Sonnencreme Reef Relief. Diese Sonnencreme wurde speziell entwickelt, um sowohl die Haut vor schädlichen UV-Strahlen zu schützen als auch die Meeresumwelt zu schonen. Herkömmliche Sonnencremes enthalten oft chemische UV-Filter wie Oxybenzon und Octinoxat, die nachweislich Korallenriffe schädigen und damit eines der empfindlichsten Ökosysteme der Erde bedrohen.
Reef Relief hingegen setzt auf natürliche Inhaltsstoffe wie Zinkoxid und Titandioxid in nicht-nanoform, die sicher für die Umwelt sind. Diese mineralischen UV-Filter bieten einen effektiven Schutz vor Sonnenstrahlen, ohne das Meer zu belasten. Darüber hinaus ist die Verpackung aus recycelbaren Materialien gefertigt und das Produkt selbst ist biologisch abbaubar.
Dieses Beispiel zeigt, wie regenerative Produktentwicklung in der Praxis aussehen kann. Reef Relief berücksichtigt nicht nur die Auswirkungen auf den Endverbraucher, sondern auch die auf das gesamte Ökosystem. Das Unternehmen hinter der Sonnencreme hat die planetaren Grenzen und die Risiken von Novel Entities ernst genommen und ein regeneratives Produkt entwickelt.
Fazit: Die Zukunft der nachhaltigen Produktentwicklung in regenerativen Unternehmen
Die Herausforderungen, die durch die verschiedenen planetare Grenzen entstehen, erfordern ein Umdenken in der Produktentwicklung, das weit über CO₂-Bilanzen und Energiesparen hinausgeht. Nachhaltige Produktentwicklung in regenerativen Unternehmen bedeutet nicht nur innovative und marktfähige Produkte entwickeln, sondern auch Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen. Regenerative Unternehmen wie die Hersteller von Reef Relief zeigen, dass es möglich ist, Produkte zu entwickeln, die nicht nur den Kunden, sondern auch dem Planeten dienen.
Die Zukunft der Produktentwicklung liegt in der Schaffung von Produkten, die im Einklang mit den natürlichen Systemen stehen. Die Kreativität und Innovationskraft der Unternehmer:innen ist also gefragt, um nachhaltige und regenerative Lösungen zu finden, die sowohl wirtschaftlichen Erfolg als auch eine positive ökologische Bilanz sichern. So wird nicht nur die Umwelt geschützt, sondern auch ein solides Fundament für eine regenerative Wirtschaft gelegt.
Nachfolgenden findet ihr einen kurzen übersetzten und leicht ergänzten Auszug aus meinem Skriptum, das ich im Rahmen der Nachhaltigkeitsvorlesung an der Fachhochschule Kufstein verwende.
Welches Ziel verfolgt eine regenerative Wirtschaft?
Eine regenerative Wirtschaft verschreibt sich einem gesunden bio-regionalem System, und dem Zusammenspiel von Mensch und Natur darin.
Ökologische und soziale Aspekte von regenerativer Wirtschaft
Von Regeneration in Hinsicht auf den ökologischen Bereich kann man sprechen, wenn ein Prozess im Einklang mit den natürlichen Kreisläufen von Nährstoffen, Wasser oder CO₂ zu arbeitet und so zur Gesundheit eines Ökosystems beizuträgt. Geschäftsprozesse einer Regenerativen Wirtschaft arbeiten also innerhalb der sogenannten Flows natürlicher System.
Regeneration im sozialen Kontext bedeutet, dass ein Unternehmen mit dem Ziel handelt, nicht nur das Wohlergehen seiner Kunden und engsten Interessensgruppen, wie den Aktionären, zu verbessern, sondern auch die Geschäftsaktivitäten einer breiteren Gruppe von Begünstigten, wie einer benachteiligen sozialen Gruppe oder der Gemeinschaft, in der das Unternehmen tätig ist, zugutekommen. Ein interkulturelles Food-Festival, das von den Bürgern eines Stadtviertels organisiert wird, fördert beispielsweise den Gemeinschaftszusammenhalt viel mehr als ein klassisches Konzert auf einer Festspielbühne.
Viele Autoren betrachten die Wirtschaft als Teil der Gesellschaft und die Gesellschaft wiederum als Teil der Natur, auch bekannt als sozioökonomisches System. Der ehemalige Geschäftsführer von JP Morgan teilt diese Auffassung und beschreibt regeneratives Wirtschaften als:
„Wirtschaftliche Stärke ist ein Produkt menschlicher und gesellschaftlicher Vitalität, die auf ökologischer Gesundheit und der integrativen Entwicklung menschlicher Fähigkeiten und Potenziale beruht.“
Fullerton, 2015, S. 40
Es geht darum, die wirtschaftlichen Regeln an der Gesundheit der uns umgebenden Natur und einem guten Leben für uns alle auszurichten. Wenn wir die Rahmen so ändern, dass nicht die "gewinnen", die am meisten Geld horten, sondern die, die am meisten zur Gesundheit und Wohlbefinden von Mensch und Natur beitragen: wie würde ein Wirtschaftssystem dann wohl aussehen?
Regeneratives Wirtschaften: Sozialismus 2.0?
Bei der regenerativen Ökonomie geht es also nicht darum, den Kapitalismus durch den Sozialismus zu ersetzen. Es geht nicht um Smith gegen Marx oder um links gegen rechts. Es geht um einen Paradigmenwechsel im Wirtschaftsverständnis. Es geht darum, der Wirtschaft ein neues Ziel zu setzen. Auch zu diesem Ziel hat sich Fullerton Gedanken gemacht:
„Nicht nur eine Mittelposition, sondern eine wirksame Integration des Besten von rechts und links, kombiniert mit einem modernen wissenschaftlichen Verständnis darüber, wie das Universum tatsächlich funktioniert, das wir übrigens im Zeitalter von Adam Smith oder Karl Marx noch nicht hatten! Im Einklang mit einem eher linksgerichteten politischen Denken wird die regenerative Ökonomie ein neues Licht auf die Bedeutung von Gerechtigkeit und die Unhaltbarkeit hoher und wachsender Ungleichheit werfen. Aber ebenso wird es im Einklang mit einem eher rechtsgerichteten politischen Denken die Dynamik eines wirklich freien Unternehmersystems umfassen, das sich die einzigartige Essenz der individuellen menschlichen Kreativität und Tatkraft zunutze macht.“
Fullerton, 2015, S. 39
Wir dürfen einen Schritt zurück machen und uns fragen: Was ist das, was politisch aktuell nicht debattiert und von den Medien nicht thematisiert wird? Welche Leitsterne treiben die Wirtschaft heute an und welche könnten das in Zukunft sein?
Prinzipien einer Regenerativen Wirtschaft
Eine regenerative Wirtschaft fördert ein gesundes bioregionales System, das sowohl die Natur als auch das Wohlbefinden der Menschen, die in dieser Region leben, berücksichtigt. Das Ziel ist es, nicht nur eine gesunde Umwelt zu gewährleisten, sondern auch das langfristige Wohlergehen der Gemeinschaften. Regeln und Institutionen wie das Geld- und Bankensystem sowie die Steuergesetzgebung sollen dafür sorgen, dass sozial und ökologisch schädliche Praktiken entweder keinen Raum finden oder durch effektive Mechanismen ausgeglichen werden.
In einer regenerativen Wirtschaft haben übermäßige Ansammlungen von Geld, Macht und Besitz ebenso wenig Platz wie das Streben nach immer mehr Produktion und Konsum. Pflege- und Fürsorgetätigkeiten, von der Altenpflege und Mutterschaft bis hin zur Renaturierung von Landschaften, werden strukturell im Geld- und Finanzsystem verankert und abgesichert. Zentral ist dabei die Förderung einer Kreislaufwirtschaft. Gemeinschaften, die Wohlstand und Versorgung schaffen, wie zum Beispiel in solidarischen Landwirtschaften, sowie eine stärkere Regionalisierung der Grundversorgung, spielen eine wichtige Rolle in diesem Wirtschaftssystem.
Weitere Interessante Artikel: Nachhaltige Produktentwicklung und planetare Grenzen
Die Herausforderungen und Chancen der regenerativen Wirtschaft erfordern ein tiefgreifendes Verständnis der planetaren Grenzen und deren Einfluss auf die Produktentwicklung. In einem umfassenden Artikel vertiefen wir diese Themen und beleuchten, wie Unternehmen durch die Einhaltung dieser Grenzen und die Vermeidung von "Novel Entities" aktiv zur Erneuerung natürlicher Systeme beitragen können. Ein besonderes Augenmerk liegt auf innovativen Ansätzen, die sowohl die Umwelt als auch soziale Strukturen stärken, wie es bei der Entwicklung von Produkten wie der Sonnencreme Reef Relief bereits gelungen ist. Erfahren Sie mehr über die Prinzipien der regenerativen Wirtschaft und wie sie die Zukunft der nachhaltigen Produktentwicklung gestalten.
Regeneration Pioneers
Unser neuestes Projekt Regeneration Pioneers unterstützt dich und dein Team dabei, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln, die soziale und ökologische Herausforderungen auf systemische Weise angehen. Unsere Teilnehmer lernen, wie sie in ihrer täglichen Arbeit nicht nur auf Erhaltung, sondern auf die aktive Wiederherstellung und Verbesserung unserer natürlichen und sozialen Systeme abzielen können.
Ein regeneraties Unternehmen? Ein Social Business? Was genau ist das? Ich möchte diese Artikel mit zwei Beispielen starten:
70 Hektar - etwa so viel wie 100 Fußballfelder - sind inzwischen wieder landwirtschaftliche produktive Fläche, wo vor 20 Jahren noch staubige Wüste war. Das Unternehmen SEKEM hat Wüstenboden regeneriert, lokale faire Arbeitsplätze geschaffen und produziert wertvolle Lebensmittel auf höchstem Qualitätsniveau.
Der Verein TEH wollte sicherstellen, dass traditionelles Heilwissen nicht verloren geht. Über die letzten 15 Jahre wurden Hunderte TEH Praktiker ausgebildet, welche das Wissen über lokale Heilpflanzen zurück in ihre Gemeinschaften getragen haben. Absolventinnen und Partner erzeugen jährlich wertvolle Kräutertees, -tinkturen, und -salben. Eine haben die Erzeugnisse im lokalen Handel zugänglich gemacht, andere Kooperationen mit Hotels und Tourismus etabliert. Wieder andere inspirieren mit ihrem Wissen Schulkinder und stärken damit die Verbindung zur Natur und das Wissen zum Gesundbleiben. Ein ganzes Ökosystem an Vereinen, Erzeugern, Handelspartner, Kräuterbegeisterten und Kräutergärten ist in der Region entstanden.
Für mich sind beides regenerative Geschäftsmodelle und gleichzeitig sind beides Social Business.
Regenerative Geschäftsmodelle
Ein regeneratives Geschäftsmodell integriert alle Berührungsgruppen in seine Bemühungen und bemüht sich auf Lieferanten und alle entlang der Lieferkette, Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen positive zu wirken. Regenerative Geschäftsmodelle verstehen das sozio-ökologische System, mit dem sie interagieren und entwickeln Prozesse und Abläufe, die allen Beteiligten Menschen und die Natur stärkt.
Beiden Initiativen ist gemein, dass sie förderlich auf Natur, Gemeinschaft, Gesundheit und wirtschaftliche Entwicklung in ihrer Region wirken. Sie sind regenerativ, mit einer überwiegend positiven Wirkung auf ihr Umfeld. Dieser Effekt erstreckt sich auch auf Partnerorganisationen, die in engem Austausch mit der Initiative stehen. Die Dynamik eines ganzen Systems verändert sich hin zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten und einem System, dass sich weiterhin selbst am Leben erhält.
Letzteres ist ein Merkmal gesunder Systeme: dass sie die Fähigkeit und den Rahmen mitbringen, dass sie sich selber erhalten und erneuern können. Auch, wenn die ursprünglichen Organisationen wegfallen würden: Hunderte TEH Absolventen und dutzenden Bücher würden die Naturheilkundebewegung in der Region Salzburg weitertragen, auch ohne den TEH Verein. Ebenso würde auch bei einem Wegfallen der SEKEM Gruppe der gesunde Boden so wie das Wissen zu integrativer Landwirtschaft in der Region sein und vermutlich weiter Bestand haben.
Social Business: Getrieben von einer Mission
Social Businesses sind getrieben von einer Mission: Die Gründer:innen nehmen ein Problem wahr und entwickeln ein Geschäftsmodell, dass dieses Problem löst und dabei finanziell selbständig agiert.
Beiden Organisationen ist ebenfalls gemein, dass sie entstanden sind, weil sie ein Problem lösen wollten. SEKEM wollte die Wüste wieder begrünen, TEH traditionelles Heilwissen erheben und wieder eine breiten Bevölkerungsgrupe zugänglich machen.
Beide sind getrieben davon, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Eine der zentralen Definitionen eines Social Business. Nicht jedes Social Business muss oder wird notwendigerweise ein ganzes System ändern. Aber jedes gut durchdachte Social Business hat das Potenzial, ein wichtiges Puzzlestück in einer Transformation zu einer regenerativen Zukunft zu sein.
Gründer eines Unverpackt-Ladens sind getrieben davon, einen Beitrag zur Lösung unseres massiven Müllproblems zu leisten. Ein Unverpackt-Laden alleine wird das komplexe Problem nicht lösen. Aber es ist gehört zu dem steten Tropfen, das den Stein aushöhlt und jedem einzelnen von uns eine regenerative Entscheidungsalternative bietet und zeigt, dass es auch anders geht.
Regenerative Geschäftsmodelle im Einklang mit der Natur des Menschen
Gut zu sein, liegt unserer Natur. Viele der degenerative und zerstörerischen Praktiken sind der wirtschaftliche Rahmen geschuldet. Das Wachstumsparadigma und Institutionen wie unser Geldsystem benachteiligen regenerative Geschäftsmodelle. Gleichzeitig können wir nicht auf den Strukturwechseln in der Wirtschaft warten, um mit regenerativen Geschäftsmodellen loszulegen.
Pioniere und sogenannte Social Entrepreneurs finden heute schon Wege, wie sie mit ihren regenerativen Geschäftsmodellen zum Wandel beitragen. Diese wiederum befruchten andere Unternehmer und stoßen in besten Fall Veränderungen im Mainstream an. Viele kleine Bioläden haben etwa in den 70ern und 80ern den Weg aufbereitet für bio-dynamische Erzeugnissse. Heute findet man Produkte mit Biosiegel in jedem Supermarkt. Die Nische hat den Weg bereitet für eine Veränderung im Mainstream. Gleichermaßen bereiten die Sozialunternehmer von heute den Weg in eine Zukunft, in der regenerative Geschäftsmodelle die Norm und nicht die Ausnahmen sind.
Während meiner Arbeit mit Start-ups habe ich zwei unterschiedliche Herangehensweisen bei der Entwicklung eines Geschäftsplans für ein Social Business beobachtet. Die eine Gruppe folgt einem traditionellen Ansatz und legt den Fokus auf wirtschaftliche Abläufe. Dabei besteht die Gefahr, den eigentlichen gemeinwohlorientierten Zweck der Organisation aus den Augen zu verlieren. Geschäftspläne dieser Art sind oft detailliert ausgearbeitet in Bezug auf Produktionsprozesse, Produkte und Marketingstrategien. Allerdings fehlt häufig eine kritische Auseinandersetzung mit den tiefgreifenden sozialen Auswirkungen. Wenn die komplexen Beziehungen zwischen Menschen auf rein ökonomische Transaktionen reduziert werden, wird das Veränderungspotential, das ein Social Business bieten kann, stark eingeschränkt.
Die andere Gruppe von Gründern setzt sich von Anfang an intensiv mit der Komplexität eines Social Business auseinander. Diese Gruppe riskiert jedoch, von den vielfältigen Anforderungen überwältigt zu werden: demokratische Arbeitsplatzgestaltung, cradle-to-cradle Produktionsprozesse, sozialverträgliche Preisgestaltung, umweltfreundliche Distributionskanäle und vieles mehr. Der Versuch, all dies zu Beginn mit einem finanziell stabilen Budget und oft begrenzten Ressourcen abzudecken, führt häufig zu einem Realitätsschock und kann zu Demotivation führen.
Warum hilft es die Social Business Typen zu kennen?
Die Definition von Social Business Typen kann beiden Gruppen von Gründern dabei helfen, die Komplexität in jeder Phase der Gründung zu bewältigen. Diese Kategorisierung unterstützt dabei, sich auf die wesentlichen Aspekte des zugrunde liegenden sozialen Problems zu konzentrieren und zeigt auf, in welchen Bereichen ein Social Business von Anfang an exzellent sein sollte, um als solches anerkannt zu werden. Gleichzeitig hilft das Wissen um den eigenen Social Business Typ dabei, Bereiche zu identifizieren, in denen nachhaltigeres Verhalten zwar wünschenswert, aber nicht zwingend notwendig ist, um die gewünschte Veränderung zu erreichen.
Basierend auf der Theorie der Gemeinwohlökonomie, die sich auf Berührungsgruppen fokussiert, sowie Kim Alter's Social Enterprise Typology, habe ich ein leicht verständliches Gerüst von fünf Social Business Typen entwickelt. Diese fünf Social Business Typen, die im Folgenden beschrieben werden, sind alle im B2B-Bereich angesiedelt und definieren sich in erster Linie durch die Zielgruppen, auf die sie ihre Bemühungen fokussieren. Ein Social Business ist laut vielen Autoren (wie Yunus und Alter) in erster Linie missionszentriert. Das bedeutet, dass das Hauptziel darin besteht, die Situation einer bestimmten sozialen Gruppe zu verbessern, die ich hier als Begünstigte bezeichnen möchte. Der primäre Unterschied zwischen den Social Business Typen liegt also in der Art und Weise, wie diese Begünstigten in die Prozesse der Organisation eingebunden werden oder, in den Worten der Gemeinwohlökonomie, welcher Berührungsgruppe die Begünstigten im (zukünftigen) Social Business angehören.
Typ A - kundenorientiertes Social Business
Der erste Type, Typ A kundenorientiertes Social Business fokussiert sich auf eine Zielgruppe, welche die von der Organisation produzierten Produkte oder Dienstleistungen benutzt. in Anspruch nimmt oder in anderer Form konsumiert. Diese Gruppe, welche ich der Einfachheit halber im folgenden Kunden nenne, wird nicht nur direkt durch den Konsum des Produktes beeinflusst, sondern auch indirekt darüber, wann, wo und in welcher Form sie Zugang zu diesen Produkten und Dienstleistungen haben, wie diese ggf. verpackt sind und ob die Verpackung wieder zurückgegeben werden kann, ob dieses Produkt fundamentale Bedürfnisse befriedigt und in wie fern der Konsum dessen, einen nachhaltigen und gesunden Lebensstil fördert.
Der Fokus liegt auf der Gerechtigkeit bzw. den Personen, also auf dem sozialen Aspekt, der eine intakte Umwelt benötigt und wiederum Grundlage für ökonomische Nachhaltigkeit ist.
Zusammengefasst: in einem kundenorientierten Social Business ist das Ziel, dass man durch die Zurverfügungstellung von Produkten oder Dienstleistungen einen positiven Einfluss auf die Lebenssituation der Kunden (oder dessen Familienangehörigen im Falle von Kindern etwa) hat oder deren Probleme verringert oder löst. Vor allem im globalen Süden sind in einem solchen Social Business die Kunden oft aus einkommensschwachen Gruppen und Ziel der Organisation ist es, diese Familien bei einer grundlegenden Bedürfnisbefriedigung zu unterstützen. Das Thema Bedürfnisbefriedigung und grundlegende menschliche Bedürfnisse beschreibt Max-Neef mit seinem Ansatz zu den grundlegenden menschlichen Bedürfnissen sehr gut.
Ein Typ A Social Business bezieht sich dabei auf die soziale Dimension von Nachhaltigkeit macht diese soziale Dimension zum Kernelement ihres Wesens.
Typ B - mitarbeiterorientierte Social Business
Der zweite Typ, Typ B mitarbeiterorientiertes Social Business, fokussiert sich auf die Angestellten, Arbeiter und bis zu einem gewissen Grad auch die arbeitenden Gesellschafter oder Genossenschafter einer Organisation. Kurz gesagt, jeder der seinen Lebensunterhalt damit verdient seine Arbeitszeit und Arbeitskraft (nicht das Produkt seiner Arbeit, das wäre dann Typ C) dem entsprechenden Social Business zur Verfügung zu stellen. Die (positiven) Auswirkungen eines Social Business lassen sich dabei nicht auf die finanziellen Transaktionen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer reduzieren sondern konstituieren sich auch über die Gestaltung der Arbeitszeit, der möglichen Einbindung in Entscheidungsprozesse, der Arbeitsplatzsicherheit (im doppelten Bedeutungsinn), durch Ausbildungsmöglichkeiten und vielem mehr.
Während Typ A Social Businesses die Zielgruppe also über den Verkauf von Produkten an diese erreichen möchte, probiert ein Typ B Social Business deren Lebenslage über deren Anstellung zu verbessern. Dies bedeutet nicht, dass jede Organisation, die jemanden anstellt, automatisch ein Typ B Social Business ist. Um zu argumentieren, dass ein Social Business ein Typ B Social Business ist, sollte man etwa Gruppen einstellen, die ansonsten schwer eine Anstellung finden würden oder die Mitarbeiter in einem weit über dem sektoralen Standard liegender Weise in Entscheidungsprozesse sowie Gewinnverteilung einbinden. Oft wenn wir von ersterem Ansatz ausgehen, muss man davon ausgehen, dass man die Geschäftsprozesse entsprechend auf die Anforderungen der Arbeitnehmer anpassen muss, wie etwa spezielle Trainings einzuplanen (im Falle von unterqualifizierten Arbeitskräften) oder Arbeitszeiten oder den Arbeitsplatz auf deren Bedürfnisse anpassen muss (z.B. wenn man sich auf etwa alleinerziehende Frauen oder sehbehinderte Menschen einbindet).
Ein Typ B Social Business bezieht sich dabei wie Type A auf die soziale Dimension von Nachhaltigkeit.
Typ C - lieferantenorientiertes Social Business
Dieser dritten Gruppe von Social Businesses gehören all die Organisationen an, deren Fokus auf der Verbesserung der Lage der Lieferanten von Rohmaterialien, Produkten oder Dienstleistungen liegt. Auch hier ist nicht jedes Unternehmen, das Güter oder Dienstleistungen von Lieferanten bezieht, automatisch ein Typ C Social Business. Ähnlich wie beim mitarbeiterorientierten Social Business zeichnet sich ein solches Social Business dadurch aus, dass es mit gefährdeten oder nicht so starken Zielgruppen arbeitet, also Kleinbauern oder anderen Kleinbetrieben, die auf Grund ihrer Größe oftmals nicht so wettbewerbsfähig und damit gefährdet sind, von größen Abnehmern ausgebeutet zu werden. Eine Unterkatorie sind Social Businesses die zwar mit größeren Lieferanten arbeiten, welche aber wiederum solche benachteiligte Gruppen anstellen. In beiden Fällen sollte ein Social Business dieses Typs sich durch Standards auszeichnen, welche klar über dem des Sektors liegen und darüber hinaus eine engere Lieferantenbeziehung zeigen als ein normaler Betrieb.
Die erste Gruppe von Typ C Social Businesses beschäftigt sich vor allem mit der sozialen Situation der Kleinlieferanten (Kleinbauern) und pflegt über bessere Vernetzung, Trainings und ähnliche Maßnahmen mit diesen einen weit über die finanziellen Transaktionen hinausgehenden Kontakt. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass diese Kategorie in den wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern des globalen Südens dominiert , wo es viele Kleinstbauern ohne das notwendige kaufmännische Know-How gibt. Die zweite Kategorie, welche man überwiegend in den Industriestaaten findet, sind Produktionsbetriebe, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben, handelsübliche Güter sozial und ökologisch nachhaltiger zu produzieren. Bei dieser Kategorie kommt es oft zu einer Mischform zwischen Type C und Typ D Social Business.
Typ C Social Businesses fokussieren sich auf die soziale sowie die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit von den Lieferanten, wobei vor allem bei der ersten Kategorie der Fokus auf soziale Aspekte überwiegt.
Typ D - ökologisch orientiertes Social Business
Die vierte Gruppe von Social Businesses lässt sich weniger über eine partikuläre Personengruppe definieren, sondern darüber, dass ökologische Aspekte im Vordergrund liegen und damit alle von einer gesünderen Umwelt bzw. weniger Umweltverschmutzung profitieren.
Einige Social Businesses dieses Types könnte man damit beschreiben, dass diese an der Basis angesiedelt sind. Deren Ansatz ist es eine höhere Umweltfreundlichkeit dadurch zu erreichen, zurück zum Ursprung zu gehen: Insgesamt weniger und wenn dann vermehrt lokale und saisonale Rohstoffe (lokale produzierte Kekse des Bäckers eher als industriell gefertigt, Repair-Cafés) oder überhaupt gleich neue und nachhaltigere Geschäftsmodelle zu entwickln (wie etwa die Idee von Foodcoops als Alternative zum Supermarktgemüse).
Wieder andere Typ D Social Businesses setzen bei ihren Lösungen zu höherer Umweltfreundlichkeit auf Technologie. Einige arbeiten daran die Ressourcen mittels Internetplattformen besser zu verteilen und effizienter zu nutzen (z.B. sharing plattformen) während wieder andere neuen Maschinen oder Werkzeuge erfinden, um die oftmals unnachhaltigen Mechanismen der dominanten Wirtschaft zu umgehen (Fairphone oder Livin Farms).
Der Fokus liegt auf der Umwelt bzw. dem Planten, welche die Grundlage für Nachhaltigkeit auf anderen Ebenen ist
Während die anderen vier Typen von Social Businesses sich auf den sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit fokussieren (vgl Ayers), fokussiert sich dieser Typus von Social Business in erster Linie auf die Umwelt bzw. den Planeten. Ressourcenschonendere Produktionen, Vermeidung von Abfall und ein Vorantreiben von nachhaltigen Lebensstilen, welche den ökologischen Fußabdruck der Kunden verringern, stehen im Vordergrund bei solchen Organisationen.
In der Praxis sind viele umweltorientierte Social Businesses oft Mischtypen in denen eine Kundenorientierung (Type A) oder etwa eine Lieferantenorientierung (Typ C) mit den ökologischen Aspekten kombiniert wird.
Typ E - gemeinwohlorientiertes Social Business (oder subventionsorientierte Social Businesses)
Diese letzte Gruppe bezieht sich auf Social Businesses, welche die intendierte Zielgruppe nicht in den normalen Geschäftsprozess einbinden können oder wollen, aber sich in einer Notsituation befinden und Zugang zu sozialen Dienstleistungen oder bestimmten Gütern brauchen. Diese Gruppen zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie weder über Kaufkraft noch über Arbeitskraft verfügen, mit welcher sie an dem Prokutions- oder Konsumzyklus teilnehmen könnten, wie etwa Kinder oder körperlich stark behinderte Personen.
Bei einem Type E Social Business wird ein profitabler (aber natürlich sozial verträglicher) Betrieb etabliert (z.B. ein Restaurant) und betrieben. Die monatlichen Profite werden zur Gänze (!) in (Re-)Investitionen in den Betrieb sowie die Querfinanzierung von sozialen Aktivitäten gesteckt. Transparenz und demokratische Strukturen, die sicherstellen, dass die Gelder fair eingesetzt werden, sind das A und O eines solche gemeinwohlorientierten Social Business. Dieses Geschäftsmodell findet sich vermehrt in den Ländern, in denen es keinen Wohlfahrtsstaat oder ähnliche sozialdemokratische Einrichtungen gibt, die solche Aufgaben über Umverteilung von Ressourcen abdecken.
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Nachfolgend ist ein Auszug aus dem Abschlussbericht der Begleitforschung zum ZukunftJETZTModellCamp. Das ZukunftJETZTModellCamp war eine experimentelle Veranstaltung, mit dem Ziel zu entdecken, welche Wirkung ein alternativen Geldsystem auf die Teilnehmenden hat. 5 Tage lang wurde ausschließlich mit der Währung DANK bezahlt, welche einerseits als Grundeinkommen für alle geschöpft wurde, aber gleichzeitig auch dann, wenn Werte für die gemeinschaft geschaffen wurden (z.B. beim zubereiten der gemeinsamen Mahlzeit).
Es wurde von 21. bis 26.8.2022 im Stiftsgut Keysermühle in Klingenmünster (DE) abgehalten. An diesem Experiment nahmen insgesamt 56 Erwachsene, 1 Jugendliche und 6 Kinder teil (Details dazu folgen in Kapitel 2.2.1).
Das Hotel wurde als Selbstversorgerhotel betrieben. Was so viel heißt, als dass alle operativen Tagestätigkeiten die in einem Hotel anfallen, von den Teilnehmern selber übernommen wurden um den Arbeitsalltag am Camp simulieren zu können und den EUR Kostenbeitrag für die Teilnehmer*innen möglichst niedrig halten zu können.
Ein Team bestehend aus 8 Personen, hat dabei die Koordination für verschiedene Aufgabenbereiche übernommen. Eine Person kannte sich im Gebäude durch verschiedene Tätigkeiten im Hotel in der Vergangenheit gut aus und bildeten somit die Schnittstelle im Hinblick auf Wissen und Zugriff. Für die Mitarbeit an Versorgungs- und Instandhaltungsaktivitäten bekamen die Teilnehmer die lokale Währung DANK gutgeschrieben.
Eine Komplementärwährung für das Camp
Zentraler Teil des Experimentes war es, Erfahrungen mit einer Komplementärwährung zu sammeln. Die für die Gestaltung dieser Währung angewandten Prinzipien werden in Tabelle 2 erläutert.
Prinzip
Effekt(e)
Praxisbeispiel
Dankwährung
Von der Gemeinschaft aus dem Nichts geschöpftes Geld
Es ist genug Geld für die Finanzierung gemeinnütziger Arbeit da
Colonial Scrips (z.B. Connecticut 18. Jh)
Wir schöpfen aus 3 Töpfen: ICH, WIR, WELT
Vergänglichkeit
a) Geldhortung ist unattraktiv => Geld fließt b) Verleihen ohne Zins c) Voller/teilweiser Ersatz für „Steuer“ der Gemeinschaft d)Geldmengenbegrenzung
Brakteaten, 12.-14.Jh, 1 - 2 x pro Jahr „verrufen“ => 3 neue für 4 alte Münzen (25% Schwund); Wörgler Schwundgeld ca. 1930
Arbeitszeit wird standardmäßig gleichwertig getauscht
Kein Fleißiger ist arm. Niemand muss ein Vielfaches eines Anderen arbeiten, um denselben Wohlstand zu genießen.
Zeittauschringe, z.B. LETS Tauschring München; Früher teilweise in dörflichen Gemeinschaften praktiziert
Standard: 20 Dank pro Stunde für alle Arbeiten
Transparenz
Fördert Redlichkeit
Schloss Tempelhof Gemeinschaft
Dankhefte für jeden offen
Tabelle 2 Prinzipien in der Gestaltung der DANK-Währung
Persönliche DANK-Hefte
Am 22.8.2022 morgens bekamen alle Erwachsenen und Jugendlichen Teilnehmenden ein DANK-Heft, welches für die Transaktionen mit der CAMP-Währung DANK verwendet wurde. Die Außenseite des Einbandes des Heftes (Bild 1) enthielt neben dem Namen der Teilnehmenden auch eine eindeutige ID zusammengesetzt aus den Initialen der Teilnehmer:in und einer laufenden Nummer. Das rote Feld war gestanzt und mit einem glitzernden Farbpapier als Imitationsschutz versehen. Die Rückseite enthielt die wichtigsten Eckpunkte zur Währung wie den Umrechnungsfaktor Zeit zu DANK und die Vergänglichkeit.#
Außenseite eines DANK-Heftes
Die Innenseite des Dankheftes (Bild 2), an welche das Kontoblatt mittels Klebeband angebracht wurde, enthielt eine Kurzanleitung zur Verwendung, detaillierte Informationen zur Vergänglichkeit sowie eine Legende für die Kategoriespalte.
Innenseite des DANK-Heftes
Jede*r Teilnehmer*in bekam für die Teilnahme an den beiden Plenarsitzungen am Sonntag Abend und Montagmorgen insgesamt 60 DANK gutgeschrieben und hatte somit schon ein Startkapital um dies für persönliche „Ausgaben" verwenden zu können.
Schöpfungsprozess
Darüber hinaus wurden 6 Schöpfungshefte vorgestellt. Geld wurde auf zwei Weisen geschöpft. Einerseits, wenn Etwas für die Gemeinschaft oder die Welt gemacht wurde. Andererseits wurde am 2 Tag des Camps nach ausführlichen Diskussionen auch ein Bedingungsloses Grundeinkommen von 60 DANK pro Tag eingeführt. Es stand jedem/r Teilnehmer*in frei AGE oder BGE zu schöpfen (siehe auch Kapitel 2.3.2).
Für jedes Schöpfungsheft gab es einen sogenannten DANK-Master. Jede:r der/die etwas für das Gemeinwohl beigetragen hat, konnte sich beim Dank-Master DANK dafür abholen.
ICH-Topf
Aus diesem Topf konnte ein Bedingungsloses bzw. Aktives Grundeinkommen geschöpft werden. (siehe auch Kapitel 2.3.2)
WIR-Topf Untertopf KÜCHEUntertopf WIR-FÜR-ANDERE
Aus diesem Topf erhielt man DANK, wenn man sich anderweitig für die Gemeinschaft einsetzte. Z.B. Teilnahme am Plenum, Planungssitzungen des Kernteams, Housekeeping-Tätigkeiten, vor Ort investierte Leistung für die Begleitforschung, Kinderbetreuung, Betreuung des „Ladens“. Aus logistischen Gründen gab es darüber hinaus einen Topf für die Mitarbeit in der Küche (z.B. Kochen, Geschirr waschen, Buffet vorbereiten, Schankdienst) und einen Topf mit dem Titel WIR-FÜR-ANDERE. Aus letzterem erhielt man DANK, wenn man sich in Projekte einbrachte, die dem Stiftsgut zugutekamen. Konkret wurde etwa: Im Garten gejätet, eine Komposttoilette gebaut, ein Sichtschutz für die Sauna aufgestellt bzw. die Fassade eines Gebäudes geschliffen.
WELT-Topf
Aus diesem Topf erhielt man DANK, wenn man etwas machte, was seine Wirkung über das CAMP hinaus entfaltet. Z.B. Müll am Flussufer aufzuräumen oder einen Workshop wie den World-Systems-Model Workshop (siehe auch Anhang B Dokumentation Welt-System-Modell, S. 44) abzuhalten.
Übersicht Schöpfungshefte
Die Schöpfungshefte starteten dabei mit einem Kontostand von 0 und gingen bei jeder erbrachten Leistung ins Minus. Es wurde kein Anspruch gestellt, dass die Hefte am Ende des Camps wieder auf 0 sein sollten. Jedwede Minuszahl stellt in dem Fall keine Schuld dar, sondern nur einen numerischen Indikator, wie viel in welchem Bereich an Einsatz erbracht wurde während des Camps.
Eine Ausnahme dazu stellte das Küchen Heft dar. Die Teilnehmer wurden angehalten die Zubereitungszeit für die Mahlzeiten mit DANK zu bezahlen (die Zutaten wurden großenteils mit den Teilnahmegebühren vorab eingekauft und teilweise von den Teilnehmenden als Spende mitgebracht oder vor Ort gesammelt). Nach einer anfänglichen Diskussion wurde der „Preis“ für Frühstück, Mittagesse und Abendessen auf 10, 15 und 15 DANK festgelegt. Ziel war es herauszufinden, ob sich innerhalb des DANK-Systems auch finanziell selbst-tragende Organisationseinheiten abbilden lassen.
Der Prozess von DANK
Grafik 2 Prozess Austausch von DANK
Die grünen Kreise in Grafik 2 stellen 4 exemplarische Campteilnehmer/Spieler dar. Die drei gelben Balken repräsentieren die Schöpfungsprozesse, bei denen Geld entstand und dabei direkt auf den Konten (DANK-Hefte) der Spieler gutgeschrieben wurde. Der braune Balken repräsentiert die Vergänglichkeit der Währung. Der Orange-Balken repräsentiert das Sonderheft Küche. Mit diesem Element sollte ein finanziell selbst tragfähiges Unternehmen simuliert werden.
Das Diagramm kann wie folgt gelesen werden.
Spielerin 1 schöpft DANK aus dem WIR-Topf für die Teilnahme am Plenum und aus dem WELT-Topf, dafür, dass sie Scherben im Park aufgeräumt hat. Sie verwendet einen Teil des erhaltenen DANKs für die Teilnahme an einem Komposttoilettenworkshop bei Spieler 2. Ein anderer Teil fließt zurück an die Küche als DANK für die Dienstleistung des Kochens. Nicht verwendet DANK verschwinden anschließend durch Vergänglichkeit wieder aus dem System.
Spieler 2 schöpft keinen DANK aus einem der drei Töpfe. Er erhält bereits geschöpftes Geld von den anderen Teilnehmern, für einen Workshop, den er abhält. Dies gibt er für eine Massage bei Spieler 3, für ein Coaching bei Spieler 1 und für sein Essen aus. Da am Zeitpunkt der Vergänglichkeit sein Kontostand 0 ist, fällt keine Vergänglichkeit an.
Spielerin 3 schöpft DANK aus dem Topf für Bedingungsloses Grundeinkommen. Außerdem erhält sie von Spieler 2 und 4 DANK Für eine Massage. Davon überträgt sie DANK an die Küche für die Dienstleistung des Kochens. Der Rest der DANK unterliegt der Vergänglichkeit und verfällt.
Spieler 4 schöpft ein kleines aktives Grundeinkommen für das spontane mitwirken an einer Gesangsrunde und einen größeren Anteil für die Mitarbeit in der Küche. Er ersteht dafür ein Hemd in der Boutique von Spieler 1, eine Massage bei Spieler 3 und besucht den Workshop bei Spieler 2. Verbleibende DANK unterliegen wieder der Vergänglichkeit.
Das tägliche Plenum
Alle Campteilnehmer:innen trafen sich jeden Tag um 9:30 im großen Plenum. Ausgenommen von der Teilnahme waren lediglich die Kinder und eine Betreuerin der Kinder. Das Kernteam bereitete die zu besprechenden Themen vor und stellte diese im Plenum vor bzw. zur Abstimmung. Außerdem wurde das Plenum genutzt, um für noch unbesetzte Gemeinschaftsaufgaben Mitwirkende zu finden.
Systemisches Konsensieren wurde geübt in dem es jeder:m im Plenum freistand zu präsentierten Vorschlägen Widerstände auszudrücken.
Aktivitäten vor Ort
Das Angebot vor Ort wurde von den Teilnehmer:innen gestaltet. Alle Teilnehmer*innen wurden schon 2 Monate vor dem Camp darüber informiert und wurden dazu angehalten ihre Angebote schon auf einer digitalen Pinnwand (PADLET) vorzuschlagen.
Pinnwand mit verschiedenen Angeboten noch ohne Termin
Jede:r konnte dazu ein Angebot in Form eines „Steckbriefes“ auf eine Pinnwand hänge. Interessierte konnten ihren Namen darunter vermerken. Für individuelle Angebote wie z.B. Massagen, Haarschnitte oder Sprachunterricht wurde anschließend direkt ein Termin gefunden.
Tagesplanung der Aktivitäten
Alle anderen Angebote wurden von dem Vortragenden, Workshop- oder Spieleleiter:innen auf einem Poster mit Zeit und Raumangabe platziert (Gelbe Zettel auf Grafik 3). Teilnehmer:innen, die sich noch nicht auf dem Steckbrief vermerkt hatten, konnten ihre Namen auf dem Rosa Post-it noch ergänzen.
Workshopangebot
Insgesamt haben 18 Menschen (also ein gutes Dritte der Teilnehmende) entweder ein Spiel angeleitet, einen Vortrag/Workshop zum Thema Geld oder Wirtschaft abgehalten oder ein Angebot zu "bewussten Lebensstil" (Coaching, gewaltfreie Kommunikation, Ernährungsworkshop, etc.) angeboten und durchgeführt.
27 Personen haben angegeben, regelmäßig und in hohem Maße in der Küche bzw. Reinigung mitgewirkt zu haben und 13 Personen, an Projekten zur Instandhaltung und Verbesserung der Keysermühle mitgewirkt zu haben. Wichtig zu erwähnen an dieser Stelle ist, dass sich die Teilnehmer:innen jeden Tag aufs neue entscheiden konnten, wo sie mitwirken wollen. Wer sich für das Kochen in der Küche meldete, wurde angehalten, an zumindest zwei hintereinander folgende Diensten mitzumachen, um die Wissensübergabe besser gewährleisten zu können.
In einer immer komplexeren Welt, sind auch die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen immer komplexerer Natur. Klimawandel, massiver Biodiversitätsverlust, Ukraine-Krieg, Inflation … all diese Symptomatik beobachten wir in der Welt.
Schon der ehemalige Belgische Nationalbanker Bernard Lietaer hat sein Lebenswerk dem Zusammenhang zwischen dem Geldsystem und der menschlichen Psyche gewidmet. Eine Kernthese seiner Arbeit lautet, dass das Geldsystem zu den Tabuthemen unserer Gesellschaft gehört und sich auf Grund des mangelnden Diskurses nur in seinen beiden Schatten Gier und Knappheit manifestiert (Lietaer, kein Datum).
Komplementärwährungen werden von vielen Autoren (Lietaer, 2019) (Bickelmann, 2009) (Senf, 2014) als eine Möglichkeit zur Förderung regionaler Entwicklung gesehen. Solche regional beschränkten Komplementärwährungen haben die Möglichkeit einerseits die Regionalwirtschaft zu stärken. (Schütz, et al., 2012). Außerdem tragen Regionalwährungen und Komplementärwährungen zur Bewusstseinsbildung für die Regionalität von Produkten aber auch zur Stärkung lokaler Gemeinschaften bei. (Degens, 2019)
Deutschland hat mehrere Jahre in Folge (BMUB, 2015) die Nature Awareness Studie erhoben. Daraus geht hervor, dass Personen aus niedrigen sozioökonomischen Gruppen weniger Bewusstsein für Naturschutz haben. Auch in der Fridays-for-future-Bewegung sind Menschen aus der Mittelklasse überproportional vertreten (Moor, et al., 2020). Auch etliche soziale Faktoren für Nachhaltigkeit, wie der Bildungsgrad oder die Gesundheit sind von der ökonomischen Situation einer Person abhängig.
Simulationen sind als Lerninstrument vor allem für komplexe Zusammenhänge schon seit langem im Einsatz (Herz, 2000). Geuting beschreibt Planspiele und Simulationen wie folgt:
„Problemstellungen sollen im Planspiel durch freies und offenes Experimentieren einer Lösung näher gebracht werden, als bewußte Ergänzung zu sonstigen, eher streng systematischen Lösungsverfahren. Gerade durch das Planspiel, in dem auch der Zeitablauf simuliert wird, können die jeweiligen denkmöglichen Folgewirkungen und längerfristigen Konsequenzen der verschiedenen Lösungsvorschläge und Handlungsalternativen zeitlich gerafft bewußt gemacht werden. Die logische Grundfigur des Planspiels liegt in der Frage: ‚Was wäre, wenn … dann … und überdies sonst noch …‘.“
(Geuting, 2000)
Umgelegt auf das Camp wäre die Frage, was wäre, wenn Menschen ihre Fähigkeiten und Talente mit einer Komplementärwährung austauschen würden, würde sich dann die Lebenszufriedenheit oder das umweltfreundliche Verhalten dieser Menschen ändern und über dies sonst noch Änderungen bei den Personen auftreten? Um diese Frage zu beantworten, wurde ein eigener theoretischer Rahmen entwickelt, wie in Grafik 1 nachfolgend dargestellt.
Der Aspekt Bewusstes Geld wurde dabei als die Wahrnehmung und emotionale Empfindung der persönlichen Finanzen und die theoretische Auseinandersetzung mit dem Geldsystem begriffen.
Die Arbeitsdefinition von Gesunder Welt umfasst das subjektive Wohlbefinden dargestellt durch Zufriedenheit, die aktive Teilnahme und Partizipation an der Gestaltung der Zukunft, sowie durch ethisches Konsumverhalten.
Das Camp und die spielerische Erfahrung des DANK verstand sich nun als spielerische Intervention und gleichzeitig Planspiel im Spannungsfeld der beiden Themenfelder Bewusstes Geld, Gesunde Welt. Durch die Immersion der Teilnehmer in das mehrere Tage dauernde Planspiel, wird einem Spiegel gleich, eine andere Perspektive auf Geld, Wirtschaft und Zusammenleben erzeugt. Als Planspiel bot das Camp vielfältige Möglichkeiten die Folgewirkungen zu beobachten und zu dokumentieren.
Forschungsfrage
Welche Bewusstseinsänderung in Hinsicht auf umweltfreundliches Verhalten, soziales Bewusstsein und Geldbewusstsein können bei den Teilnehmenden eines 5-tägigen Modelcamps festgestellt werden?
Aus diesem Rahmen ergeben sich die folgenden Unterforschungsfragen:
Wie kann eine Simulation in Form eines Camps aufgebaut werden? Deskriptive Beschreibung des ZukunftJETZTModellCamps
Wie erlebten die Teilnehmer das Camp?
Welche Aspekte des Geldsystems können wir wahrnehmen und wie werden diese von Teilnehmer*innen des Camps wahrgenommen?
Welche Änderungen können bei Teilnehmer*innen durch die Teilnahme am Camp beobachtet werden?
Welche Zusammenhänge zwischen den Bereichen bewusstes Geld und Gesunde Welt können im Rahmen der Forschung nachgewiesen werden?
Was kann man für weitere Camps lernen?
Was können lokale Initiativen aus der Forschung mitnehmen?
Was können Entscheidungsträger aus der Forschung mitnehmen?
Nachfolgende die Ergebnispräsentation der Begleitforschung. Details der Begleitforschung werde noch in weiteren Artikeln hier veröffentlichen.
"Wie können wir unsere Aktivitäten in Nepal teilweise selber finanzieren und damit etwas unabhängiger von Spenden und Fördergeldern werden?" Diese Frage stellten sich die Mitglieder des Vereins Long Yang aus Deutschland. Dieser unterstützen neben ihren Aktivitäten in Deutschland als zentrales Projekt die Akasha Academy in Nepal.
Die Akasha Academy versteht sich als ganzheitliches Projekt, dass an der Vision der universellen Ethik des tibetische Meisters Tulku Khyungdor Rinpoche ausgelegt ist:
Im Jänner und Februar 2023 durfte ich das Team von Akasha Nepal für einige Tage begleiten. Gemeinsam haben wir Ideen entwickelt, welche sowohl zur Vision von Akasha passen, als auch ein sich selber tragendes Geschäftsmodell haben.
Von den anfänglich vielen Ideen hat das Team die drei besten ausgewählt und detaillierte Geschäftspläne, aber auch Beschreibungen, der sozialen und ökologischen Wirkung verfasst.
Diese drei Ideen werden in den nächsten Monaten vom Team weiter ausgearbeitet und mit der Unterstützung von Monon verfeinert. Das Ziel wäre es, im Sommer/Herbst 2023 mit zumindest einem, idealerweise zwei Social Business loszulegen.